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Das Gefühl der Selbstwirksamkeit: ein Schlüssel in der Bluthochdrucktherapie

Bluthochdruck, auch bekannt als Hypertonie, ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen weltweit. Im Behandlungsalltag erfolgt auf die Diagnose häufig direkt die medikamentöse Therapie. Allerdings setzt diese nicht an den Ursachen der Erkrankung an, die häufig im Lebensstil der Patient:innen begründet liegen. Eine erfolgreiche verhaltensmedizinische Intervention bezüglich des Lebensstils der Betroffenen kann den Blutdruck nachhaltig senken und stabilisieren.

Dabei klingen die empfohlenen Maßnahmen zunächst ganz einfach: gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, effektives Stressmanagement sowie maßvoller Konsum von Genussmitteln – die meisten Betroffenen kennen diese Empfehlungen bereits. Doch warum tun sich trotzdem viele so schwer damit, sie im Alltag auch effektiv umzusetzen? Hier kommt das Konzept der Selbstwirksamkeit ins Spiel.  

Was bedeutet Selbstwirksamkeit?

Der Psychologe Albert Bandura prägte in den 1970er Jahren im Rahmen seiner sozial kognitiven Theorie den Begriff der Selbstwirksamkeit (Bandura, 1977). Dieser beschreibt das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, bestimmte Herausforderungen zu bewältigen und durch eigenes Handeln gewünschte Ziele zu erreichen. Einfacher ausgedrückt: Es ist der Glaube daran, im Leben selbst etwas bewegen zu können.

Inzwischen  kommt dem Konzept der Selbstwirksamkeit auch im Kontext der Therapie eine zentrale Rolle zu. Menschen mit einem hohen Maß an Selbstwirksamkeit sind überzeugt, dass sie durch ihr Verhalten Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen können – und sie nutzen diese Überzeugung, um entsprechende Veränderungen in ihrem Leben auch in die Tat umzusetzen.

Selbstwirksamkeit und das Management von Bluthochdruck

Genau diese Überzeugung zur Selbstwirksamkeit braucht es, um die notwendigen Veränderungen im Umgang mit den eigenen hohen Blutdruckwerten in die Tat umzusetzen und auch langfristig beizubehalten.

Fakt ist jedoch: Die Umstellung von Lebensgewohnheiten, die bereits über Jahrzehnte manifestiert wurden, stellt sich für viele Betroffene als große Herausforderung dar. Die nötige Motivation für derartige Veränderungen aufzubauen gelingt vielen Betroffenen nicht, dementsprechend bescheinigen Studien Hypertonie-Patient:innen im Schnitt eine sehr niedrige Adhärenz zum Therapieregime.

Gleichzeitig zeigen diese Studien auch, dass eine höhere wahrgenommene Selbstwirksamkeit wiederum signifikant mit einer konsequenten Umsetzung lebensstilbezogener Maßnahmen verbunden ist (siehe Tan et al., 2021 für eine systematische Überblicksarbeit).

Patient:innen, die an ihre Fähigkeit glauben, durch eigenes Verhalten eine Verbesserung ihrer Gesundheit zu erreichen, zeigen also eine höhere Bereitschaft und ein größeres Durchhaltevermögen bei der Umsetzung von gesundheitsbezogenen Maßnahmen. Eine Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung trägt also erwiesenermaßen dazu bei, notwendige Anpassungen im Lebensstil zu fördern.

Wie kann das Gefühl der Selbstwirksamkeit gesteigert werden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um das Gefühl der Selbstwirksamkeit von Patient:innen in der Therapie gezielt zu steigern und damit eine Umstellung in den entscheidenden Bereichen des Lebensstils zu unterstützen.

Eine Methode, die sich bereits in der Praxis bewährt hat und zudem  umfassend empirisch validiert wurde, ist die motivationale Gesprächsführung (Miller & Rollnick, 2012). Dabei werden Patient:innen unterstützt, persönliche Ziele zu formulieren und ihre eigenen Ressourcen zu aktivieren. Statt reiner Wissensvermittlung geht es darum, die Patient:innen professionell durch einen Abwägungsprozess zu begleiten, an dessen Ende die intrinsische Überzeugung zur Veränderung steht. Diese Art der Gesprächsführung bietet demnach die Grundlage, um Betroffenen die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Lebensstilanpassungen selbst bewusst werden zu lassen. 

Ein weiterer effektiver Ansatz zur Steigerung der Selbstwirksamkeit ist das sogenannte evaluative Feedback. Dabei stärkt eine regelmäßige und konstruktive Rückmeldung zu Fortschritten oder Veränderungspotentialen das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, etwas zu bewirken. Studien zeigen, dass diese Techniken die Motivation steigern und somit auch die langfristige Umsetzung gesunder Gewohnheiten fördern können (Farley, 2019).

Erfahrungen mit der actensio App

actensio als digitale Unterstützung in der Umstellung des Lebensstils

Im medizinischen Alltag gibt es jedoch kaum die Möglichkeit, diese bewährten Methoden zur Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung und damit auch der Therapietreue zur Anwendung zu bringen. Hier setzt die digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) actensio an. Zur Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung nutzt die App unter anderem die Prinzipien der motivierenden Gesprächsführung und des evaluativen Feedbacks in digitaler Form.

Durch interaktive Module und personalisierte Empfehlungen wird den Patient:innen einerseits vermittelt, wie sie aktiv Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen können. Andererseits ermöglicht das digitale Tagebuch, Fortschritte transparent zu machen und in motivierender Weise zurückzumelden. Dadurch erleben die Nutzer:innen direkt, wie sich bereits kleine Veränderungen positiv auf ihr Leben auswirken.

Ein derartiges Monitoring des eigenen Verhaltens und die Visualisierung von Fortschritten sind zentrale Komponenten, um nachhaltige Verhaltensänderungen zu unterstützen (Schäfer et al., 2023). Damit kann actensio eine wertvolle Ergänzung in der Therapie von Bluthochdruck bieten. 

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Quellen

Bandura, A. (1977). Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change. Psychological Review, 84(2), 191–215. https://doi.org/10.1037/0033-295X.84.2.191 

Farley, H. (2019). Promoting self‐efficacy in patients with chronic disease beyond traditional education: A literature review. Nursing Open, 7(1), 30–41. https://doi.org/10.1002/nop2.382 

Miller, W. R., & Rollnick, S. (2012). Motivational Interviewing: Helping People Change. Guilford Press.
https://psycnet.apa.org/record/2012-17300-000

Tan, F. C. J. H., Oka, P., Dambha-Miller, H., & Tan, N. C. (2021). The association between self-efficacy and self-care in essential hypertension: A systematic review. BMC Family Practice, 22(1), 44. https://doi.org/10.1186/s12875-021-01391-2 

Schäfer, A., Schaffner, D., Berge v.d., K., Studer, N., Heiden v.d., N. & Zimmermann, A. (2023). Aufrechterhaltung eines gesunden Lebensstils. Psychologische Interventionen zur Prävention chronischer Krankheiten und die Rolle des Gesundheitsökosystems. Springer Berlin, Heidelberg. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-65920-5#bibliographic-information  

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